Gesammelt für die Ewigkeit. Helene Kröller-Müller (1869-1939)
Eva Rovers
Eine mit 3.400 Briefen gefüllteTruhe stand am Anfang einer Suche nach der wahren Geschichte Helene Kröller-Müllers, der weltweit bedeutendsten Van Gogh-Sammlerin. In ihrer mitreißenden Biographie legt Eva Rovers die Beweggründe frei, die dafür sorgten, dass es Helene Kröller-Müller trotz ihrer fragilen Gesundheit, trotz eines großen Familiendramas und obwohl sich ihr Vermögen in Luft auflöste, gelang, eines der ersten Museen für moderne Kunst in Europa zu eröffnen. Bis heute ist das Kröller-Müller Museum weltberühmt für seine reiche Sammlung moderner Kunst, mit Gemälden von Picasso, Mondrian und gut dreihundert Werken Vincent van Goghs (nach dem Van Gogh Museum Amsterdam die weltweit zweitgrößte Sammlung seiner Werke) und vielen anderen. Mindestens ebenso einzigartig ist die Lage des Museums inmitten einer weitläufigen Naturlandschaft im Osten der Niederlande, ganz in der Nähe der Grenze zu Helenes Heimatland Deutschland.
Manche Frauen kaufen in Paris Hüte und Handtaschen, Helene Kröller-Müller kaufte mit derselben Leichtigkeit van Goghs. Von einem dreitägigen Besuch der französischen Hauptstadt kam sie im Frühjahr 1912 mit fünfzehn Gemälden des damals noch kaum bekannten Künstlers, darunter La Berceuse, Olivengarten und Porträt Joseph-Michel Ginoux in die Niederlande zurück. Diese Gemälde passten ausgezeichnet zu den anderen Spitzenwerken Vincent van Goghs, die sie bereits besaß, etwa Vier verblühte Sonnenblumen und Der Sämann (nach Millet). Mit ihren Aufsehen erregenden Ankäufen trug sie erheblich zum Bekanntwerden des Malers bei. Und das, obwohl Helene erst kurz zuvor mit moderner Kunst in Berührung gekommen war.
Die im Ruhrgebiet geborene Helene Müller zog nach ihrer Heirat in die Niederlande. Dort führte sie anfangs das Leben einer reichen Direktorengattin. Nachdem sie jedoch 1911 bei einer lebensgefährlichen Operation nur knapp dem Tod entronnen war, nahm sie sich vor, von nun an ihr Leben der Errichtung eines “Kulturmonuments” zu widmen. In dem darauffolgenden Jahrzehnt kaufte sie Werke von unter anderen Signac, Seurat, Picasso, Braque, Mondrian und natürlich von van Gogh, nicht nur im Kunsthandel, sondern zum Teil auch direkt in den Ateliers der Künstler. Von 1913 an stellte sie ihre Sammlung in einem Bürogebäude ihres Ehemannes aus und machte sie so der Öffentlichkeit zugänglich. Lange Zeit war dies einer der wenigen Orte in Europa, wo so viele moderne Kunstwerke in einer Dauerausstellung zu sehen waren. (Peggy Guggenheim, beispielsweise, eröffnete erst 1938 ihre Galerie in London und begann danach mit dem Aufbau einer eigenen Sammlung). Unter den zahlreichen internationalen Besuchern befand sich auch der künftige Direktor des MoMA, Alfred Barr, der die Courage rühmte, mit der Helene ihre Kunstsammlung aufbaute.
Diese Leidenschaft bot ihr die Möglichkeit, unabhängig von ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter eine eigene Identität zu entwickeln. Aber auch ihre deutsche Herkunft war für den Aufbau der Sammlung wichtig. Die im Ersten Weltkrieg in den Niederlanden aufkommende antideutsche Stimmung hatte ihr wieder bewusst gemacht, woher sie stammte. Daraufhin fasste sie den Entschluss, in einem Feldlazarett im belgischen Lüttich als Krankenschwester zu arbeiten. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs plante sie, das angeschlagene Deutschlandbild wieder aufzupolieren. Ihr kulturelles Projekt sollte dazu beitragen, den deutschen Tugenden in den Niederlanden erneut Ansehen zu verschaffen.
Doch nachdem die ersten Fundamente für das Museum gelegt waren, schlug das Schicksal zu: Die Weltwirtschaftskrise trieb die Kröllers an den Rand des Ruins. Es ist allein Helenes Unbeugsamkeit zu verdanken, dass 1938, ein Jahr vor ihrem Tod, das Kröller-Müller Museum dennoch eröffnet werden konnte. Aber der Preis, den sie dafür zahlte, war hoch.
Eine faszinierende Geschichte über die Entstehung einer weltberühmten Kunstsammlung vor dem Hintergrund der turbulenten historischen Entwicklungen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts.
Eva Rovers (1978) studierte Kunst- und Kulturgeschichte an der Universität von Utrecht und promovierte an der Universität von Groningen mit einer Biographie der Kunstsammlerin Helene Kröller-Müller. Als erster und einziger Wissenschaftlerin wurde ihr Einsicht in die gut 3.400 Briefe der Sammlerin gewährt. Gleichzeitig war sie Gastredakteurin des Oxford Journal of the History of Collections. Derzeit ist sie Herausgeberin der Tijdschrift voor Biografie und arbeitet an einer Biographie des niederländischen Schriftstellers Boudewijn Büch.
Die Preise
De eeuwigheid verzameld wurde von der Kritik begeistert aufgenommen: NRC Handelsblad nahm die Biographie in die Liste der besten Bücher des Jahres 2010 auf. Das Werk wurde mit dem Buchhändlerpreis Lintje van de Boekverkoper ausgezeichnet, es erhielt den Jan van Gelder-Preis (der vom Niederländischen Kunsthistorikerverband vergeben wird). 2012 erhielt das Werk den Hazelhoff Biografieprijs, einen Preis, der alle zwei Jahre für die beste niederländische Biographie vergeben wird. Die Jury lobte den mitreißenden Stil der Autorin, der den Leser in die Geschichte mit hineinziehe, ohne dass dabei die Argumentation, die Beweisführung oder der Tiefgang des Buches darunter leiden würden.
Die Kritik
“Es gelingt ihr, ihre Leser bis zum Ende zu fesseln, indem sie Kunst, Geschäfte, Privatleben und Zeitgeist gekonnt miteinander verknüpft”, Trouw.
“Eine mehr als interessante Biographie [...], ein außergewöhnliches Buch. Trotz der hohen Informationsdichte sehr lesbar”, De Groene Amsterdammer.
“Rundes Porträt einer höchst anspruchsvollen, autoritären und zugleich unbeugsamen Dame”, NRC Handelsblad.
“Eine vorbildliche und fesselnde Biographie” und eine “mitreißende Geschichte”, Vrij Nederland.